Antwort von Tierarzt Marcus Lewitschek
Sehr geehrte Frau M.
Was Kastrationen und den Zeitpunkt, vor allem vor oder nach der ersten Läufigkeit angeht, scheiden sich die Geister. Man hört viel, nur ist das meiste davon nicht wirklich wissenschaftlich belegt, sondern es handelt sich eher um Erfahrungswerte. Was definitiv als gesichert gilt, ist die Tatsache, dass bei einer Kastration vor der ersten Läufigkeit das Risiko auf Tumore der Milchleiste auf ein Minimum sinkt, aber trotzdem nicht Null wird. Dahingegen belegt eine Studie, dass die Gelehrigkeit der Hunde bei einer Kastration nach der ersten Läufigkeit besser ist, als wenn Sie vor der ersten Läufigkeit kastriert werden. Aus diesem Grund werden vermutlich auch die Arbeitshunde (Lawinenhunden, THW usw.), wenn sie überhaupt kastriert werden, immer erst nach der 1 Läufigkeit operiert. In Bezug auf Schmerzhaftigkeit bei diesem Eingriff gibt es im Bezug auf das Alter und die Toleranz bezüglich Schmerzen keine wissenschaftlichen Untersuchungen, soweit mir bekannt ist. Erfahrungsgemäß hat man am 2. Tag nach der Operation eher das Problem, wie halte ich meinen Hund für die nächsten 12 Tage bis zum Fäden ziehen still. Die Hunde erholen sich extrem schnell und erstaunlich gut von einer solchen Operation, auch ohne Schmerzmittel.
Prinzipiell wäre ca. 4 Monate nach dem Ende der Läufigkeit der optimale Zeitpunkt für eine Kastration, wenn man mal eine Läufigkeit abwarten wollte, um auch hier jeglicher Komplikation im Bezug auf die Scheinschwangerschaft aus dem Wege zu gehen.
Ich habe 5 Jahre lang die meisten Hunde vor der ersten Läufigkeit kastriert, da mir die Tatsache mit der Reduktion der Gefahr auf Mammatumoren als sinnvoll und ratsam erschient, zumal es damals auch die „Hausmeinung“ war, in den letzten 7 Jahren habe ich eher dazu tendiert, die Hunde nach der ersten Läufigkeit zu kastrieren, wobei das eine rein persönliche Einstellung ist und nichts mit wissenschaftlichen Untersuchungen zu tun hat. Wir sehen häufig die Situation, dass sich die Besitzer nicht schlüssig sind, ob eine Kastration für sie überhaupt in Frage kommt, und wenn ja, wann. Aus diesem Grund ist es manchmal sinnvoll, eine Läufigkeit ins Land gehen zu lassen, den ganzen Ablauf und die möglichen Probleme zu erleben und erst dann die Entscheidung zu treffen. Nichts ist unangenehmer, wenn man sich im nachhinein über seine Entscheidung ärgert und sich nicht gut beraten fühlt. Wenn Sie Ihren Hund nach der ersten Läufigkeit kastrieren lassen würden, würde dem Hund, wenn er sonst gesund ist, dadurch sicher kein entscheidender Nachteil entstehen.
Alles eine Frage der Philosophie, auch wenn Ihnen das die Entscheidung sicher nicht leichter macht.
Mit freundlichen Grüße, M.Lewitschek