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Frage zur Katzen - Impfung

von Christian B.

Sehr geehrte Frau Fries, ich wende mich mit einem Anliegen bezüglich der Impfung von Katzen an Sie. Letztes Jahr haben meine Verlobte und ich zwei junge Kätzchen, ein Weibchen und einen Kater, von einer Tierhilfe in Obhut genommen. Die Katzen wurden ausgesetzt gefunden und sind vermutlich Geschwister. Nachdem wir die beiden bei uns aufgenommen hatten, sind wir natürlich zu einer Tierärztin, um sie entsprechend Impfen und später auch zu Sterilisieren bzw. Kastrieren zu lassen. Gleich bei der ersten Impfung hat uns die Tierärztin mit Nachdruck empfohlen, neben den "Standardimpfungen" (Katzenschnupfen,....) auch gleich gegen das sog. Katzen-Aids zu impfen. Nachdem die Ärztin uns dies entsprechend überzeugend dargelegt hat, haben wir beide Katzen auch dafür impfen lassen. Der Impfstoff lautete "Leucogen" und die Impfungen fanden im September statt. Mitte November wurden dann beide Katzen kastriert/sterilisiert. Ende Dezember fiel uns dann auf, dass der Kater immer träger wurde und Gewicht verlor. Er nahm kaum noch Futter (egal welches) zu sich. Aufgrund dieses Verhaltens haben wir natürlich wieder die Ärztin kontaktiert. Aufgrund einer Abwesenheit ihrerseits und der Dringlichkeit, haben wir einen alternativen Tierarzt kontaktiert. Dieser stellte fest, dass der Kater sehr schlechte Blutwerte (kaum rote Blutkörperchen) hatte. Zudem war sein ganzer Darm "voll" und der Magen stark entzündet. Des Weiteren zeigte ein Röntgenbild zwei unerklärliche "Flecke". Nach drei Tagen stationärer Behandlung und keiner Besserung, beschloss der Tierarzt den Kater zu operieren, um die beiden "Flecke" zu untersuchen. Dabei stellte der Arzt dann fest, dass alle Organe bereits mit einem Virus (FIP/FIV) infiziert sind. Er musste den Kater einschläfern. Während der Tierarztaufenthalte wurden wir auf die bereits erfolgten Impfungen angesprochen und gefragt, ob vor der Leucogen - Impfung ein Blutbild der Katzen erstellt wurde? Denn ohne das Blutbild, darf laut deren Aussage keine Impfung erfolgen. Eine Impfung könnte ein Ausbrechen der Krankheit initiieren. Jetzt wollten wir uns bei Ihnen erkundigen, ob Sie uns aufklären können, welche Vorgehensweise in diesem Fall richtig ist? Vielen Dank.

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Ich bedauere, dass Sie sich aufgrund dieses traurigen Anlasses an mich wenden müssen. Aus Ihrer Frage nach dem weiteren Vorgehen, entnehme ich, dass Sie von einem Fehlverhalten der Tierärztin ausgehen, dass letztlich zum Tode des Katers geführt hat und Sie sie dafür haftbar machen wollen.

Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet.

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.

In Ihrem Fall müsste zunächst geklärt werden (notfalls durch einen Sachverständigen), ob die Leucogen-Impfung tatsächlich zwingend erst nach Erstellung eines Blutbildes erfolgen darf oder ob dies nur eine wünschenswerte Vorgehensweise ist. Erst dann läßt sich die Frage nach der Pflichtverletzung beantworten. Hilfreich wäre es, wenn der Tierarzt Ihnen dies ausdrücklich schriftlich bestätig und die Quelle für diese Verpflichtung nennt. Hinzu kommt dann aber noch die Notwendigkeit eines Verschuldens der Tierärztin, was allein aus Ihrer Schilderung nicht bewertet werden kann. Zudem ist zu beachten, dass bei jeder Impfung ein gesundheitliches Risiko besteht und Sie der Impfung ausdrücklich zugestimmt haben. So hätten Sie diese Impfung zunächst ablehnen und sich informieren können und dann bei Bedarf einen zweiten Impftermin machen können. Zudem liegen zwischen der Impfung und dem Tod mehrere Monate.

Um zu prüfen, welche konkreten Ansprüche Sie haben, in welcher Höhe und welche weiteren Schritte möglich und sinnvoll wären, müsste der gesamte Sachverhalt und die vorhandenen Dokumente eingesehen und geprüft werden. Wenden Sie sich bei weiterem Beratungsbedarf an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht oder zunächst an die zuständige Landestierärztekammer.

 

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