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Behandlungsfehler?

von Kai W.

Vor vier Wochen wurde die Katze meines Sohnes kastriert. Blöderweise hat sie sich nach drei Tagen die Halskrause abgemacht, worauf die Wunde eiterte und an einer Stelle aufriss. Somit wurde sie das zweite Mal operiert. Nun nahm ich das Tier zu mir in meine Wohnung, da meine Frau zu Hause ist, damit das Tier unter ständiger Beobachtung stand. Die Halskrause fixierte ich nun mit einem einfachen Katzengeschirr, es war ihr nun unmöglich dieses abzustreifen. Aber nach zwei Tagen eiterte die Wunde wieder und riss auf, auch die innere Bauchdecke. Nun wurde Kitty zum dritten Mal operiert. Der Tierarzt erklärte mir, dass wenn einmal eine Infektion da ist, sie sehr schwer wieder zu entfernen sei. Da sie vielleicht allergisch auf das Nahtmaterial reagiert haben könnte, hatte er nun ein anderes verarbeitet und zusätzlich von außen geklammert. Aber leider nutze das nichts. Die Wunde eiterte wieder und riss auf, auch hier riss die innere Bauchdecke mit auf. Somit folgte die vierte OP. Leider gab es auch hier keine Veränderung. Mittlerweile sah die Naht aus, als hätte sie ein Praktikant gemacht. Nun suchte ich einen anderen Tierarzt auf. Dieser machte direkt einen Abstrich auf resistente Keime, welcher sich als positiv rausstellte und stellte das Antibiotikum um. Nun wurde sie das fünfte Mal operiert. Die alten Fäden wurden entfernt und nun wurde ein Plastikfaden verwendet. Dieses Mal lief alles gut und nach zehn Tagen wurden die Fäden gezogen. Jetzt stellt sich für mich die Frage , ob der erste Tierarzt unsachgemäß vorgegangen ist. Bei einem Telefonat mit dem ersten Tierarzt erklärte er mir, dass wohl die Keime sich am Nahtmaterial, welches er benutzt, festgesetzt hätten. Er erklärte mir auch, dass man in so einem Fall dann Plastikgarn verwendet. Demnach musste er doch gewusst haben, dass es daran gelegen hat. Lag hier ein Behandlungsfehler vor? Kann ich die Kosten des zweiten Tierarztes vom ersten Tierarzt einfordern?

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Es freut mich, dass die Katze diese Tortur nun endlich überstanden hat. Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet.

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann.

Hier zeigt sich, warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z. B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.

Zu prüfen wäre in Ihrem konkreten Fall nicht nur, ob Sie die Kosten des zweiten Tierarztes als Schadensersatz geltend machen können, sondern auch einen Teil der Kosten des ersten Tierarztes zurückverlangen könnten, z. B. weil er es unterlassen hat den notwendigen Abstrich zu machen, um die richtige Medikation herauszufinden, bzw. weil er nach Kenntnis der Probleme keinen Plastikfaden verwendet hat.

Wenden Sie bzw. Ihr Sohn sich daher bei weiterem Bedarf an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht, um Ihre Ansprüche, aber auch die Erfolgsaussichten der Geltendmachung prüfen zu lassen.

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