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Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch Klauseln im Tierschutzvertrag eines Tierheims

von Anne K.

Sehr geehrte Frau Ann-Kathrin Fries, ich stehe kurz davor eine Katze vom Tierheim zu adoptieren. Aufgrund persönlicher Phobien und Paranoia, die durch Erlebnissen in meiner Vergangenheit initiiert wurden, möchte ich dem Tierheim zeitnah kommunizieren, dass nicht angekündigte Nachkontrollen nicht möglich sein werden, da ich zum Beispiel grundsätzlich die Klingeln ausgestellt habe. Es müsste also vorab ein Anruf bei mir erfolgen. Darüber hinaus sehe ich meine Persönlichkeitsrechte gefährdet, wenn wildfremde Personen meine Wohnung betreten wollen. Daher nun die wichtigen Fragen: 1.) Müssen diese Kontrolleure sich bei der Nachkontrolle ausweisen? Falls ja: Darf ich von diesem Ausweis die Daten aufschreiben und mich beim Tierheim telefonisch informieren, ob die Nachkontrolle von denen in Auftrag gegeben wurde, bevor ich diese Menschen ggf. Zutritt in meine Wohnung gewähre? 2.) Ich will auf keinen Fall, dass mir die Katzen weggenommen wird, nachdem wir uns aneinander gewöhnt haben. Daher stellt sich mir die Frage, ob nicht das Veterinäramt in Berlin für derlei Kontrollen zuständig sein sollte/müsste, statt irgendwelcher ehrenamtlicher Helfer, die genauso gut Späher für spätere Einbrüche sein könnten? Kann ein solche Klausel im Vertrag tatsächlich höher gewährtet sein als meine Persönlichkeitsrechte Ihrer Einschätzung nach? 3.) Welche Folgen kann es haben, wenn ich den Zutritt in meine Wohnung verweigere? Gibt es eine rechtliche Verpflichtung meinerseits, diesen Menschen Zutritt gegen meinen Willen zu gewähren? Ich freue mich auf Ihre fachkundigen Antworten. Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Es ist gut, dass Sie sich bereits vor Abschluss des Vertrages und bevor Sie die Katze zu sich nach Hause holen, diese Gedanken machen.
Zunächst allgemeine Infos vorweg. Im deutschen Vertragsrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit (jeder kann entscheiden, ob er den jeweiligen Vertrag abschließt oder nicht).
Es steht daher sowohl dem Tierschutzverein/dem Tierheim frei, ob er mit Ihnen einen Vertrag zu seinen Bedingungen abschließen möchte, so wie es ebenso Ihnen frei steht, den Vertrag in dieser Form und abzuschließen oder eben nicht, wenn Ihnen der Inhalt des Vertrages nicht zusagt oder wenn der Tierschutzverein nicht bereit ist, die von Ihnen beanstandeten Vertragsklauseln zu streichen oder umzuformulieren.
Haben beide Parteien dann freiwillig den Vertrag abgeschlossen, gilt für abgeschlossene Verträge dann der Grundsatz der Vertragstreue („Verträge sind einzuhalten“).
Für Tierschutzverträge ist zwar noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob es sich um Kaufverträge oder atypische Verwahrverträge handelt, viele Gericht gehen jedoch von Kaufverträgen aus, so dass dies hier zugrunde gelegt wird. Wie das für Ihren Fall in einem Rechtsstreit zuständige Gericht entscheiden würde, ist jedoch nicht absehbar.
Da der Käufer sich jedoch nicht an unwirksame Vertragsklauseln halten muss, auch nicht, wenn er diese unterschrieben hat, müssten die zitierten Klauseln auf Wirksamkeit geprüft werden. Handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Verkäuferin (wovon auszugehen ist, wenn es sich um ein Tierheim handelt) sind Vertragsklausel u.a. dann unwirksam, wenn sie zum Nachteil des Käufers ist, wenn sie überraschend ist, wenn von gesetzlichen Regelungen abgewichen werden soll, so wie z.B. ein (jederzeitiges/zeitlich unbeschränktes) Betretungsrecht der Wohnung.
Da Sie niemanden gegen Ihren Willen in Ihre Wohnung lassen müssen, haben Sie selbstverständlich das Recht, sich vorab beim dem Tierheim zu erkundigen, dies sollten Sie jedoch vorab mit dem Tierheim so absprechen und möglichst auch schriftlich festhalten. Das Veterinäramt als Verwaltungsbehörde ist weder zuständig für die Vor- und Nachkontrolle des Tierheims, noch kann es durch einen zivilrechtlichen Kaufvertag dazu verpflichtet werden.
Welche Folgen Ihre Weigerung haben könnte (z.B. Rücktritt des Tierheims und Rückforderung der Katze und/oder Forderung einer Vertragstrafe) oder ob es im Gegenteil gar keine Folgen für Sie hat, weil die Klauseln unwirksam sind und das Tierheim diese gar nicht durchsetzen kann, lässt sich nur anhand des konkreten Vertragstextes prüfen.
Versuchen Sie im offenen Gespräch mit dem Tierheim vorab eine Lösung zu finden, sei es durch Umformulierung oder Streichung der entsprechenden Klauseln oder ähnliches. Sollte das Tierheim jedoch sich weigern und auf die Klauseln bestehen, könnten Sie überlegen, vielleicht in einem anderen Tierheim nach einer Katze zu suchen. 

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