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Wenn ein Tierarzt trickst

von Kai N.

Sehr geehrte Frau Fries, welche rechtlichen Auswirkungen kann das folgende Verhalten für einen Tierarzt haben: Ein Tierbesitzer möchte für die Operation eines alten und risikobehafteten Tieres eine möglichst sichere Narkose. Der Tierarzt stimmt zu, missachtet diesen Wunsch aber und nimmt nur eine einfache Narkose vor. Der Tierbesitzer wundert sich hinterher: Wo ist der venöse Zugang, der bei einer sorgfältigen Narkose gelegt wird, warum ist das Tier nicht heiser, wie es bei einer Inhalationsnarkose sonst üblich ist? Das Tier ist auch Tage später noch in einem leicht veränderten Zustand, der jedoch nicht nachweisbar ist. Wie kann sich eine solche Täuschung des Patientenbesitzers für den Tierarzt rechtlich auswirken?

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet. Daher zunächst allgemeine Informationen vorweg.
Ein Behandlungsfehler (z.B. eine falsche/falsch durchgeführte Narkoseform) liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor.
Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.
Liegt nachweislich eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, hat der Tierhalter einen Schadensersatzanspruch, wobei die konkrete Höhe vom Einzelfall und der Art des Fehlers abhängt.
Da Sie in Ihrem Fall von „Trickserei“ und „Täuschung“ schreiben nehme ich an, dass Sie dem Tierarzt aufgrund seiner gewählten Narkoseform einen Betrug oder ein anders strafbares/unlauteres Verhalten unterstellen. Auch für diese Frage ist letztlich die Beurteilung eines Sachverständigen notwendig um zunächst abzuklären, ob überhaupt ein Fehlverhalten des Tierarztes vorliegt, wobei für ein strafbares Verhalten je nach Straftatbestand dann noch weitere Umstände vorliegen müssen, z.B. eine Täuschungs- und Schädigungsabsicht, etc. Allein aus Ihrer Schilderung ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte, hierfür müssen alle Einzelheiten bekannt sein und die vorliegenden Unterlagen eingesehen werden (OP Bericht, Rechnung, Laboruntersuchungen, Berichte über Vorerkrankungen etc.).
Sollte Sie nicht alle Unterlagen vorliegen haben, könnten Sie zunächst Einsicht in die Unterlagen des Tierarztes fordern. Zwar muss er Ihnen nicht die Originale aushändigen, muss Ihnen aber gegen Erstattung der Kosten Kopien zuschicken. Fordern Sie die Unterlagen schriftlich an und setzten Sie eine konkrete Frist. Bei weiterem Beratungsbedarf wenden Sie sich an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht, da es sich wie gesagt, bei der Tierarzthaftung um ein kompliziertes Spezialgebiet handelt.
 

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