zurück zur Übersicht Fehldiagnose und Behandlung 15.07.2020 von Andreas H. Sehr geehrte Frau Fries, ich möchte ihnen den Leidensweg meines Katers in kurzen Stichpunkten schildern und fragen, ob wir gegen den Tierarzt Nr. 1 und evtl. Klinik 1 rechtlich vorgehen können. Unser Kater Luke, 5J. hatte plötzlich einen Schwächeanfall mit Atemnot und wir gingen zum Tierarzt Nr.1 in Bottrop. Diagnose nach Untersuchung und Herzultraschall, Herzklappenfehler. Tabletten verschrieben, Betablocker Atenolol mit Dosierung 1/2 morgens, 1/2 abends. Kosten 216€. Sein Zustand verschlechterte sich zunehmend. Nach mehreren Wochen und Anrufen beim Tierarzt war der Zustand immer noch unverändert. Eines Morgens musste ich den Notdienst einer Klinik in Duisburg aufsuchen. Bei deren umfassenden Untersuchung wurde festgestellt, dass unser Luke keinerlei Probleme mit dem Herzen hat und die Tabletten sofort abzusetzen sind. Also eine Fehldiagnose von Tierarzt Nr. 1. Kosten 266€. Luke wurde als gesund entlassen. Einen Tag später das gleiche Elend. Wieder Tierarztbesuch. Nun Arzt Nr. 2. Von dort die Info das die Dosierung des Atenolol für einen Menschen o.K. ist, aber auf keinen Fall für einen Kater. Max. weniger als eine viertel Tablette. Luke konnte mittlerweile kaum noch laufen. Tierarzt Nr. 2 vermutete eine neurologische Erkrankung und empfahl uns eine Klinik in Ahlen ca. 100 km entfernt. Kosten 50€. Nach umfangreichen Untersuchungen und wieder der Aussage, dass am Herz keine Erkrankung festzustellen ist, konnte erst nach weiteren kostspieligen Untersuchungen die eigentliche Erkrankung, ein Tumor an der Wirbelsäule, festgestellt werden. Luke ist leider nicht mehr unter uns. Kosten 2250€. Nachdem wir den Tierarzt Nr. 1 wiederum aufsuchten und zur Rede stellte, kam nur dumme Aussage "Dumm gelaufen" und der Herzklappenfehler waren plötzlich nur noch Herzrhythmusstörungen. Keine Einsicht oder Entschuldigung. Das möchten wir nicht einfach so stehen lassen und benötigen rechtlichen Rat. Mit freundlichen Grüßen A. H. Foto: © Ann-Kathrin Fries Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries Es tut mir leid, zu lesen, dass Sie Ihren noch so jungen Kater verloren haben und sich aufgrund dessen an mich wenden müssen. Da im Recht Emotionen keine Rolle spielen, bitte ich um Verständnis für die sachliche Antwort. Da Sie gegen Tierarzt 1 und Tierklinik 1 vorgehen möchten, sind hier zwei mögliche und von einander unabhängige Schadensersatzansprüche aus den beiden geschlossenen Tierbehandlungsverträgen (der einen Dienstvertag im Sinne des BGB darstellt) zu prüfen. Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich jedoch um ein sehr kompliziertes Gebiet. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Tierarztes kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, der in Ihrem Fall vorliegen könnte, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden. Um zu prüfen ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (Tierarzthonorar, Medikamente, Fahrtkosten, etc.) Sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt 1 und/oder die Tierklinik 1 haben könnten, könnten Sie wenn nicht schon vorhanden, zunächst Einsicht in die dortigen Unterlagen fordern. Zwar müssen Ihnen nicht die Originale aushändigt werden, jedoch müssen Ihnen gegen Erstattung der Kosten Kopien zugeschickt werden. Fordern Sie die Unterlagen schriftlich an und setzten Sie eine konkrete Frist. Zudem müsste auch geprüft werden, ob Sie einen schriftlichen Behandlungsvertrag abgeschlossen haben und was dort genau geregelt ist. Wenden Sie sich entweder an die zuständige Landestierärztekammer, die zwar keine Entscheidungen treffen kann aber zwischen den Beteiligten vermitteln kann oder an einen auf Tierrecht spezialisierten Anwalt oder Anwältin um Ihre Ansprüche und die Erfolgsaussichten rechtlicher Schritte konkret beurteilen zu lassen.
Foto: © Ann-Kathrin Fries Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries Es tut mir leid, zu lesen, dass Sie Ihren noch so jungen Kater verloren haben und sich aufgrund dessen an mich wenden müssen. Da im Recht Emotionen keine Rolle spielen, bitte ich um Verständnis für die sachliche Antwort. Da Sie gegen Tierarzt 1 und Tierklinik 1 vorgehen möchten, sind hier zwei mögliche und von einander unabhängige Schadensersatzansprüche aus den beiden geschlossenen Tierbehandlungsverträgen (der einen Dienstvertag im Sinne des BGB darstellt) zu prüfen. Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich jedoch um ein sehr kompliziertes Gebiet. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Tierarztes kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, der in Ihrem Fall vorliegen könnte, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden. Um zu prüfen ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (Tierarzthonorar, Medikamente, Fahrtkosten, etc.) Sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt 1 und/oder die Tierklinik 1 haben könnten, könnten Sie wenn nicht schon vorhanden, zunächst Einsicht in die dortigen Unterlagen fordern. Zwar müssen Ihnen nicht die Originale aushändigt werden, jedoch müssen Ihnen gegen Erstattung der Kosten Kopien zugeschickt werden. Fordern Sie die Unterlagen schriftlich an und setzten Sie eine konkrete Frist. Zudem müsste auch geprüft werden, ob Sie einen schriftlichen Behandlungsvertrag abgeschlossen haben und was dort genau geregelt ist. Wenden Sie sich entweder an die zuständige Landestierärztekammer, die zwar keine Entscheidungen treffen kann aber zwischen den Beteiligten vermitteln kann oder an einen auf Tierrecht spezialisierten Anwalt oder Anwältin um Ihre Ansprüche und die Erfolgsaussichten rechtlicher Schritte konkret beurteilen zu lassen.