zurück zur Übersicht

Falsche Behandlung

von Vanessa B.

Guten Tag, bei meiner Katze wurde im Sommer 2019 aufgrund einer Lecksucht eine Schilddrüsenüberfunktion vom Tierarzt diagnostiziert. Dafür wurde ein Blutbild gemacht und sie bekam nach der Diagnose Medikamente, die sie täglich nehmen muss. Mir wurde nie gesagt, dass diese Werte regelmäßig überprüft werden müssen. Im Dezember 2020 hat sich meine Katze erneut das Fell weggeleckt (war hier eher wie ein Juckreiz), hat seit dem Sommer 2020 1,5kg abgenommen, hat sehr viel getrunken und musste dementsprechend auch oft auf Toilette. Mit diesen Symptomen bin ich erneut zum Tierarzt. Dort wurde sich meine Katze nicht mal richtig angeschaut, es wurde lediglich Blutplasma abgenommen, um den T4-Schilddrüsenwert zu überprüfen, dieser war im Normbereich. Seitens des Tierarztes hieß es dann, dass es andere Stressfaktoren sein müssen, die das Lecken bedingen, auf die anderen Symptome wurde nicht eingegangen. Daraufhin bin ich zu einer anderen Tierarztpraxis gegangen und habe meine Katze dort vorgestellt. Die haben einen Milbenbefall erkannt und behandelt. Danach ging es ihr wieder besser. Seit dem 21.01.21 hat meine Katze kaum bis gar nicht mehr gefressen, darum bin ich am 23.01. zu meiner neuen Tierärztin in die Praxis gefahren. Für den 22.01. habe ich Astronautenkost erhalten, um den Appetit meiner Katze anzuregen. Nachdem sie dies jedoch erbrochen hat, sollte ich am 23.01. in die Notfallsprechstunde kommen statt den zuvor vereinbarten Termin am 25.01. wahrzunehmen. Dort wurde sie eingehend untersucht und an eine Tierklinik überwiesen, da die Körpertemperatur stark gesunken und sie sich allgemein nicht gut präsentiert hat. In der Tierklinik wurde dann ein Röntgen, Ultraschall und zwei Blutbilder gemacht. Dort hat sich herausgestellt, dass der Nierenwert sehr stark erhöht ist und die Niere bereits zu 70% geschädigt war. Da ich meiner Katze die Qual mehrerer Dialysen ersparen wollte, habe ich sie am Samstag einschläfern lassen. Die Ärztin in der Tierklinik meinte zu mir, dass die Werte jedes halbe Jahr hätten überprüft werden müssen, dies hat mir der Tierarzt nie gesagt, als er die Schilddrüsenüberfunktion festgestellt hat. Als ich im Dezember bei ihm war, hätte er ja theoretisch aufgrund der Symptomatik und aufgrund dessen, dass die Blutwerte sowieso mal überprüft werden mussten, doch direkt ein komplettes Blutbild machen lassen müssen, oder nicht? Dort hätte man einsehen können, dass der Nierenwert gestiegen ist, der steigt nämlich auch nicht innerhalb von 1 Wochen so extrem an, laut Tierklinik sieht man ein Ansteigen bereits zwei Monate vor Eintritt schwerwiegender Symptome. Nun meine Frage: kann ich Schadensersatz anfordern, da der Tierarzt seiner Aufklärungs- und Diagnosepflicht mir und meiner Katze gegenüber nicht eingehalten kann? Meiner Meinung nach hat er meine Katze auf dem Gewissen, da man bei frühzeitigem Erkennen des Anstiegs der Nierenwerte mit Medikamenten hätte behandeln können. So würde meine Katze vermutlich jetzt noch leben und ich hätte sie am 23.01. nicht aufgrund einer Kreislauf- und Niereninsuffizienz, die mit der Schilddrüsenüberfunktion einhergingen, einschläfern müssen. Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen 

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Es bedauere, dass Sie Ihre Katze verloren haben und Ihre Wut und Verärgerung über den Tierarzt. Da jedoch im Recht Emotionen keine Rolle spielen, bitte ich um Verständnis für die sachliche Antwort.
Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet. Zunächst allgemeinen Information hierzu vorweg.
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.
In Ihrem konkreten Fall geht es um die unterlassene Aufklärung im Sommer 2019 über die notwendigen regelmäßigen Kontrollen, sowie um die unterlassene Überprüfung im Dezember als Sie mit der Katze nochmals bei ihm waren. Ob dies schuldhafte Pflichtverletzungen bzw. einen groben Behandlungsfehler darstellen muss durch letztlich durch einen Sachverständigen geklärt werden. Zu dem unterlassenen Hinweis im Sommer 2019 kommt wahrscheinlich ein Beweisproblem hinzu, wenn wie häufig, sie allein waren und der Tierarzt behauptet, diese gemacht zu haben und hierfür seine Mitarbeiter/innen benennen kann, die anwesend waren.
Wenden Sie sich bei weiterem Beratungsbedarf daher an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht oder alternativ/zusätzlich können Sie sich auch an die zuständige Tierärztekammer wenden. Diese kann zwar keine Streitigkeiten verbindlich entscheiden, sie kann aber versuchen zwischen Tierhalter und Tierarzt zu vermitteln.
 

758.548 „Gefällt mir“-Angaben

Danke für die vielen Likes!

TASSO-Videos

Alles zu den Aufgaben von TASSO in Bildern

Newsletter

Bleiben Sie immer auf dem Laufenden!

Cookies

Liebe Tierfreunde,
um unsere Webseite optimal auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen, verwenden wir Cookies. Einige Cookies sind technisch notwendig (essentiell), damit unsere Webseite funktioniert. Zudem verwenden wir Cookies zu Marketing- und Statistik-Zwecken, um Ihnen ein noch besseres Webseiten-Erlebnis zu bieten. Sie können selbst entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten und diese jederzeit unter „Cookie-Einstellungen“ einsehen und ändern. Erklärung zur Nutzung von Cookies auf unserer Webseite Datenschutzerklärung