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Kaninchen stirbt nach OP

von Hannah K.

Mein Kaninchen musste sich der schwierigen OP einer Weibchenkastration unterziehen. Es lief aber alles gut und auch das Narkoserisiko hat sie gut überstanden, hat direkt nach der OP gefressen und auch geköttelt. Mir wurde gesagt ich könne sie um 16 Uhr schon abholen. Da ich aber vorher mit einem Kaninchenspezialisten der selben Klinik, gesprochen hatte, entschied ich mich noch bis 18 Uhr zu warten, da Kaninchen zu 90% aus der Narkose wach sein sollen, bevor man sie abholt. Um 17:30 Uhr rief ich in der Klinik an und mir wurde gesagt, es sei alles in bester Ordnung und ich könnte sie jetzt abholen. Als ich ankam sagte eine Ärztin mir dass ich sie nicht mitnehmen könne, da sie nur 35 Grad hat (bei Kaninchen extrem hohe und tödliche Untertemperatur) und nicht mehr frisst. Die Narbei sei etwas dick. Ich fragte sofort nach einem Ultraschall, wurde aber abgewiesen, es sei zu früh und nur unnötiger Stress für das Tier. Ich sollte mein Tier da lassen, damit es bei medizinischen Problemen gut versorgt wäre. Denn päppeln kann ich selbst, Medikamente geben kann ich selbst und wärmen kann ich es auch selbst. Die nächsten 2 Tage war es Tag und Nacht genau das selbe, ich bat darum immer wieder telefonisch kontaktiert zu werden, die Temperatur war 2 mal im Normalbeteich und 2 mal bei nur 35 Grad, mir wurde gesagt mein Tier würde die Nächte nicht überleben. Ich fragte in diesen zwei Tagen ob sie Kot abgesetzt hatte, was mir niemand sagen konnte und ob wir bitte einen Ultraschall machen könnten, worauf mir immer geantwortet wurde, es wäre unnötig und stressig für das Tier. Am dritten Tag in der Früh war der Zustand sehr kritisch und ich forderte wieder ein Ultraschall. Sie wurde geröngt und bekam 2 Stunden später einen Ultraschall. Der Darm war auffällig nah an der Narbe und mir wurde gesagt, ich solle mir Gedanken darüber machen, das Tier einschläfern zu lassen. Erst als ich fragte ob eine OP möglich wäre, wurde mir gesagt, ich könne sie operieren lassen. Ich entschied mich dazu sie operieren zu lassen, sagte aber sie sollen den Kreislauf vorher in Schwung bringen und die Temperatur durch warme intravenöse Infusionen hoch bringen. (Das warme Infusionen benutzt werden, habe ich schon die letzten Tage verlangt, wurde aber abgewimmelt, da sie es für nicht richtig hielten.) Während der OP wurde sie dann aufgeschnitten und ich wurde angerufen, dass ein Teil des Darms schwarz war, also abgestorben. Sie fragten ob sie aufhören sollten, ich fragte ob man den Teil nicht entfernen könnte und erst daraufhin, wurde mir diese Möglichkeit offen gelegt und sie operierten weiter. 30 Minuten später wurde ich angerufen da mein Kaninchen während der OP verstarb. Der Kreislauf hätte es nicht geschafft. Sie war erst 11 Monate alt, hatte sich von extremen Untertemperaturen wieder hochgekämpft und zwei Narkosen überlebt. Sie wollte leben. Im Nachhinein wurde mir dann gesagt, dass der Darm in die Kastrations-Naht gerutscht sei und dort abgeklemmt wurde. Da ich weiß, dass sowas auch von außen zu erkennen ist, sprach ich es an und es wurde mir nur gesagt, dass es ihnen nicht aufgefallen ist. Mein Kaninchen war nur aus einem Grund nach der Kastrations-OP dort. Damit sie sich um medizinische Probleme kümmerten. Stattdessen haben sie sich 3 Tage lang nicht darum gekümmert WARUM mein Tier plötzlich nicht mehr frisst und köttelt, sondern haben einfach blind Päppelbrei in sie rein gestopft und sie mit Medikamente vollgestopft. Das hätte ich auch geschafft. Sie hatten eine Aufgabe und haben sie nicht erledigt. Mein Tier hatte solche Kraft und solchen Willen 2 mal narkotisiert und aufgeschnitten zu werden (wo viele Kaninchen schon sterben) und bei starker Untertemperatur (wo viele Kaninchen schon sterben) zu überleben und ist ausschließlich gestorben, da die Ärzte nicht bemerkt haben, dass ihr Darm sich durch die Narbe drückt und vorallem keine Maßnahmen ergriffen haben, um herauszufinden was nicht stimmt. Kann ich rechtlich dagegen vorgehen?

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Es tut mir leid, dass Sie ihr junges Kaninchen auf so tragische Weise verloren haben. Ich kann Ihre Verärgerung gut nachvollziehen, da jedoch Emotionen im Recht keine Rolle spielen, bitte ich um Verständnis für die sachliche Antwort.
 
Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet.
 
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich, warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
 
Anders ist es, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist, die allerdings nicht so weitreichend und detailliert sein muss wie in der Humanmedizin, so dass dieser Punkt in der Praxis meist nur greift, wenn z.B. keine Dokumentation vorliegt. Dies spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre.
 
Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
 
Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.
 
Zu prüfen ist, ob dieser Punkt in Ihrem Fall vorliegt, zum einen durch die wohl fehlerhaft durchgeführte OP sowie die unzureichende Nachsorge, trotz der Symptome und wie Sie schreiben, dass dies von außen zu sehen sei. Hier müsste jedoch ein Sachverständiger im Streitfalle bewerten, wie das „normale“ Vorgehen in einem solchen Fall ist und ob der Tierarzt so verfahren ist.
 
Lassen Sie sich zur Sicherheit alle Rechnungen, Unterlagen, Befunde, Laborwerte, die Karteikarte etc. schriftlich aushändigen und wenden sich bei weiterem Beratungsbedarf mit allen Unterlagen an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht um mögliche Schadersatzansprüche prüfen zu lassen.  Alternativ können Sie sich auch an die zuständige Landestierärztekammer wenden, die zwar keine Entscheidungen in der Sache treffen oder eine Einschätzung über einen groben Behandlungsfehler abgeben können, die Kammer kann allerdings versuchen, dass eine gütliche Lösung gefunden werden kann.

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