Wenn Hunde Angst davor haben, von ihrer Bezugsperson zuhause zurückgelassen zu werden, leiden sie unter sogenanntem Trennungsstress. Dieser kann je nach Hund unterschiedlich gezeigt werden, ist jedoch für den Hund stets mental und körperlich belastend. Um einem Hund mit Trennungsstress langfristig helfen zu können, ist es wichtig sich mit den Hintergründen der Thematik auseinanderzusetzen. TASSO beantwortet für Sie die häufigsten Fragen rund um das Thema Trennungsstress:
Woher kommt Trennungsstress?
Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass Trennungsstress bei sozial gebundenen Tieren zum Normalverhalten gehört. Die meisten Menschen pflegen mit ihren Hunden enge soziale Bindungen. Es ist es aus hündischer Perspektive normal, möglichst viel Zeit in der Nähe des Menschen verbringen zu wollen, denn dort gibt es soziale Ansprache, Sicherheit, Geborgenheit und Schutz. Je nach Alter, Genetik, Charakter, Sozialisierung, Vorerfahrung, Bedürfnissen und Lebensumständen empfinden Hunde unterschiedlich ausgeprägten Stress bei der Trennung von ihrer Bezugsperson. Manche Hunde zeigen keinen oder nur milden Stress und können sich nach kurzer Zeit selbst beschäftigen oder ruhen. Andere Hunde empfinden massiven Stress und versuchen ihre Menschen „zurückzurufen“. Dieses verzweifelte Bellen und Jaulen hat jedoch nur selten den gewünschten Effekt für den Hund und mündet häufig in Frustverhalten wie der Zerstörung von Kissen, Büchern und Einrichtungsgegenständen.
Das entspannte Alleinsein ist für Hunde kein Normalverhalten, sondern muss kleinschrittig trainiert werden. Wie kleinschrittig das Training ablaufen und wie lange es durchgeführt werden muss, ist individuell.
Woran erkenne ich Trennungsstress?
Die Anzeichen für Trennungsstress können sehr unterschiedlich aussehen. Häufige Verhaltensweisen von Hunden, die unter Trennungsangst leiden, sind:
- Vokalisation (Winseln, Bellen, Heulen)
- Zerstörung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen
- Unsauberkeit
- Kratzen an Türen oder Fenstern
- Unruhiges Auf- und Ablaufen
- Selbstverletzendes Verhalten (Lecken, Knabbern und Beißen eigener Körperteile)
Der akute Stress kann auch zu körperlichen Reaktionen wie Appetitlosigkeit, Speicheln oder Durchfall und Erbrechen führen. Wenn ein Hund mit Trennungsstress immer wieder allein gelassen wird, kann der chronische Stresszustand gesundheitliche Probleme begünstigen. Hierunter fallen zum Beispiel Magen-Darm-Erkrankungen oder Hautkrankheiten.
Was kann ich bei Trennungsstress tun?
Ausgeprägter Trennungsstress bei Hunden ist eine ernstzunehmende Problematik. Da das Alleinbleiben von Hunden mit Trennungsstress zu Schmerzen, Leiden und Schäden des Hundes führt, ist dies gemäß §1 des Tierschutzgesetzes tierschutzwidrig. Die oft verbreiteten Mythen „Da gewöhnt der Hund sich dran“ oder „Da muss der Hund jetzt durch“ sind leider irreführend. Im Gegenteil, bei Hunden mit ausgeprägter Angst vor der Trennung von seiner Bezugsperson wird diese durch das wiederholte Auftreten der stressauslösenden Situation verstärkt. Der erste Schritt gegen die Angst sollte immer eine Anpassung des Alltags sein, sodass der Hund nicht mehr alleine sein muss. Das klingt für viele im ersten Moment nicht umsetzbar, ist aber eine wichtige Voraussetzung, um den Trennungsstress des Hundes langfristig zu reduzieren. Hier ist oft die Fremdbetreuung im eigenen Zuhause das Mittel der Wahl. Wenn dies gewährleistet ist, sollte im zweiten Schritt das Alleinbleiben mit trainerischer Unterstützung strukturiert und kleinschrittig trainiert oder bei massivem Trennungsstress eine Verhaltenstherapie begonnen werden. Tierärzt:innen, die sich in der Verhaltensmedizin spezialisiert haben, finden Sie unter anderem bei der Gesellschaft für Verhaltensmedizin und -therapie.
Kann ich die Entstehung von Trennungsstress verhindern?
Wenn ein Hund bei Ihnen einzieht, egal ob Welpe oder erwachsener Hund, sollten Sie in den ersten Monaten eine dauerhafte Betreuung des Hundes ermöglichen können. Nur so kann der Hund in Ruhe in seinem neuen Zuhause ankommen und ein Sicherheitsgefühl entwickeln, welches für ein entspanntes Alleinbleiben unabdinglich ist. Niemals, auch nicht in Ausnahmefällen, sollten Sie Ihren Hund unvorbereitet alleine lassen. Dies kann eine lebenslange Trennungsproblematik zur Folge haben. Für solche Fälle sollte, bis der Hund sicher und angstfrei alleine bleiben kann, immer eine Betreuungsmöglichkeit im näheren Umfeld vorhanden sein. Bei Welpen und Junghunden ist zu berücksichtigen, dass sie auch bei gutem Training nicht länger als zwei Stunden alleine bleiben sollten, da sie sich noch häufig lösen müssen. Zur Prävention von Trennungsstress gehört außerdem ein gut strukturiertes und kleinschrittiges Training. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie dieses aufbauen können, empfiehlt sich die Beratung durch eine professionelle Hundeschule.
Besonders wichtig ist die Prävention von Trennungsstress bei Hunden, die geräuschempfindlich sind. Häufig geht eine Geräuschangst nämlich auch mit einer Trennungsproblematik einher. Dies sollte im Trainings- und Therapieplan unbedingt berücksichtig werden, denn einen nachhaltigen Trainingserfolg erzielt man nur bei Behebung beider Probleme. Eine genetische Prädisposition für eine Geräuschangst liegt bei einigen Hütehunde-Rassen, wie zum Beispiel dem Bearded Collie, vor. Ein gut durchdachtes Management (ruhiger Ort beim Alleinsein, ggfs. Gehörschutz, kein Alleinbleiben bei Bauarbeiten in der Umgebung, etc.) kann bei geräuschempfindlichen Hunden hilfreich sein, um die Entstehung von Trennungsstress zu vermeiden.
Was gilt es noch zu bedenken?
- Viele Hunde empfinden eine offene Transportbox, wenn sie an diese positiv und zwanglos herangeführt wurden, als eine persönliche Sicherheitszone. Dies kann von großem Vorteil für den Hund sein und ihm das Alleinbleiben erleichtern, vorausgesetzt er fühlt sich in der Box sicher und findet dort leicht zur Ruhe. Wird eine Box als Ruheort für den Hund eingeführt, darf diese nicht geschlossen werden, sondern sollte als offenes Rückzugsangebot dienen. Nach Tierschutz-Hundeverordnung §5 und §6 ist es nämlich tierschutzwidrig, Hunde in einer geschlossenen Box einzusperren (außer bei medizinischer Indikation oder zu Transportzwecken). Sollte der Hund in einem einzelnen Raum oder einer abgetrennten Raumeinheit alleine bleiben, müssen dem Hund nach Tierschutz-Hundeverordnung mindestens 6 qm Bodenfläche zur Verfügung stehen.
- Getrocknete Kauartikel werden gerne gefüttert, um dem Hund die Trennungszeit zu erleichtern. Knochen, Ochsenziemer und Co. sind jedoch nicht für den unbeaufsichtigten Verzehr geeignet, da die Hunde sich hieran lebensgefährlich verschlucken können. Außerdem sollte eine Futterablenkung nie dazu dienen, sich vom Hund unbemerkt aus dem Haus zu schleichen. Das kann zu großer Unsicherheit und Frust beim Hund führen. Zudem kann die Futterbeschäftigung ein Warnsignal für den Hund werden, da er diese mit der plötzlichen Abwesenheit des Menschen verknüpft, wodurch er möglicherweise Kauartikel im Alltag nicht mehr entspannt verzehren kann.
- Auch mit Hunden, die kein Problem mit der Trennung von ihren Bezugspersonen haben, sollte eine Routine für das Alleinbleiben aufgebaut werden. Dies kann ein Halstuch sein, das immer vor dem Alleinbleiben angezogen wird, eine bestimmte Musik oder ein anderes Signal. Nicht selten entsteht Trennungsstress im Laufe des Hundelebens aufgrund sich verändernder Lebensumstände oder nach langen gemeinsamen Zeiten wie Urlauben oder Homeoffice-Phasen. Hier ist es hilfreich, wenn der Hund eine gewisse Vorhersehbarkeit im Alltag hat und ein klares Signal für das Alleinbleiben kennt.
- Auch Hunde, die keinen offensichtlichen Trennungsstress zeigen, können alleine leiden. Die Beobachtung über eine Kamera kann aufschlussreich sein, um subtilen Trennungsstress des Hundes zu erkennen. Kann der Hund sich alleine entspannen oder wechselt er beispielsweise immer wieder nervös die Liegeplätze? Auch Hunde mit nur milder Stresssymptomatik profitieren beim Alleinbleiben von Training und Unterstützung. Hier haben wir einige Tipps rund um das Trennungstraining für Sie zusammengestellt.
Fazit: Der Alltag mit einem Hund mit Trennungsstress kann für Mensch und Hund belastend und mit großen Einschränkungen verbunden sein. Um Trennungsstress zu verhindern, sollte vor dem Einzug eines Hundes gut überlegt werden, wie die Betreuung des Hundes in der Anfangszeit, und das können mehrere Monate sein, gewährleistet werden kann. Hat der Hund bereits eine Trennungsproblematik entwickelt, sollte diese ernst genommen werden, da der Hund mental und körperlich darunter leidet.