Leider ist das Thema „Giftköder“ fast jeder Hundehalterin und jedem Hundehalter schon einmal begegnet. Auch wer selbst noch keine Erfahrungen mit ausgelegten Giftködern gemacht hat, kennt dennoch meist beängstigende Geschichten von Hunden, die nach der Aufnahme von mit Gift gespickten Leckereien um ihr Leben kämpfen mussten oder an den Folgen einer Vergiftung gestorben sind. Um Spaziergänge trotz potentieller Gefahren durch Giftköder genießen zu können, ist es sinnvoll mit dem eigenen Hund ein Giftköder-Training zu absolvieren. Was dieses Training beinhaltet und was Sie zusätzlich noch tun können, um Ihren Hund vor Giftködern zu schützen, haben wir für Sie zusammengestellt.
Was sind Giftköder?
Giftköder sind meist geruchsintensive Leckereien, wie Wurststücke, Fleischbällchen & Co, die von Hundehassern mit verschiedenen Giften präpariert wurden und vom Hund schnell gefunden und verzehrt werden können. Sie werden bewusst an Orten ausgelegt, an denen entweder viele Hunde unterwegs sind (Parkflächen, Hundewiesen) oder in Gebieten, in denen Hunde als besonders störend empfunden werden. Je nachdem welches Gift verwendet wird, unterscheiden sich die Symptome, die der Hund nach Verzehr zeigt. Weitere Informationen zu Giftködern, der Symptomatik und zur rechtlichen Situation können Sie auf unserer Webseite finden: Rund um den Giftköder oder in unserem Handout zum Herunterladen
Giftköder-Management
Beim Giftköder-Management handelt es sich um präventive Maßnahmen, um das Risiko der Giftköderaufnahme möglichst gering zu halten. Mögliche Bausteine des Giftköder-Managements sind:
Maulkorb
Der sicherste Weg, um die Aufnahme von Giftköder zu verhindern, ist das Tragen eines Maulkorbes mit Fressschutz. Was zunächst wie eine einfache Lösung aussieht, ist jedoch ebenfalls mit einigen Tücken verbunden: Der Maulkorb muss einerseits so gut sitzen, dass der Hund wirklich kein Futter aufnehmen und andererseits so geräumig sein, dass der Hund ohne Probleme hecheln und trinken kann. Das ist je nach Hundeschnauze und Kopfform eine Herausforderung, und es lohnt sich, für die Anschaffung eines Maulkorbes eine kompetente Beratung im Fachgeschäft aufzusuchen. Ganz ums Giftköder-Training kommt man jedoch auch bei der Maulkorb-Lösung nicht drum rum. Der Hund sollte an das Tragen des Maulkorbes kleinschrittig und positiv gewöhnt werden, so dass er den Maulkorb gerne trägt und nicht als störend wahrnimmt. Ein gutsitzender, bequemer und vom Hund positiv verknüpfter Maulkorb, schränkt den Hund nicht ein und wird problemlos getragen, vergleichbar mit dem Tragen einer Brille bei uns Menschen.
Bitte beachten
Maulkörbe sind tolle Hilfsmittel, wenn sie gut passen und gerne getragen werden. Lassen Sie sich bei der Anschaffung gut beraten, denn ein schlechtsitzender Maulkorb kann Ihren Hund stark einschränken und im schlimmsten Fall sogar gefährden. Hunde regulieren ihre Körpertemperatur fast ausschließlich über das Hecheln, das auch mit Maulkorb jeder Zeit uneingeschränkt möglich sein muss.
Streckenwahl
Eine weitere Management-Maßnahme ist die Streckenwahl. Giftköder werden häufig an hoch frequentierten Orten ausgelegt. In Wäldern und auf abgelegenen Wegen sinkt die Wahrscheinlichkeit auf einen Giftköder zu treffen. Mit Hunden, die stets auf Nahrungssuche sind und staubsaugerähnlich alles Essbare verschlingen, empfiehlt es sich, neben weiteren Maßnahmen Parks und belebte Grünflächen zu meiden. Oft stellen an solchen Orten nicht nur potentielle Giftköder, sondern auch Essensreste, Müll und anderer Unrat eine Gefahrenquelle dar.
Giftköderwarnung auf dem Handy
Es gibt inzwischen zahlreiche kostenlose Apps, in denen Giftköderwarnungen und andere Gefahrenquellen für Hunde in Karten eingezeichnet werden. Diese Apps werden durch Meldungen von aufmerksamen Hundehalter:innen ständig aktuell gehalten. Auch die Vernetzung mit anderen Hundehalter:innen, die in ähnlichen Regionen unterwegs sind, hat sich für den Austausch und die gegenseitige Warnung bewährt. Einige Anbieter von GPS-Trackern bieten in ihren Apps neben der Ortung des Hundes und der Messung der Aktivität des Vierbeiners auch die Warnung vor Giftködern auf der Spazierstrecke an.
Giftköder-Training – Spaßiges Training für den Ernstfall
Mit Giftköder-Management kann man die Gefahr der Vergiftung deutlich reduzieren. Dennoch kann es sinnvoll sein, mit seinem Hund ein Giftköder-Training zu absolvieren, um auf der sicheren Seite zu sein. Beim Giftköder-Training werden mit dem Hund verschiedene Elemente spielerisch trainiert:
Anzeigeverhalten in der Anwesenheit von attraktivem Futter
Der Hund lernt ein Anzeigeverhalten, das er immer zeigt, wenn er etwas Essbares findet. Das Anzeigeverhalten kann zum Beispiel ein Anstarren des gefunden Objekts im Sitzen oder Liegen sein. Für dieses Verhalten wird der Hund sehr hochwertig belohnt – entweder er darf das Gefundene fressen (verstecktes Würstchen im Training) oder er darf es nicht fressen (gefundenes Würstchen im Park) und wird stattdessen bei seiner Halterin oder seinem Halter mit einem besonderen Leckerli belohnt. Ein gut trainiertes Anzeigeverhalten hat den Vorteil, dass der Hund beim Fund von Essenesresten, Giftködern & Co selbstständig agiert und das Fundstück anzeigt. Er braucht dafür kein Signal und ist somit nicht auf die Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit seines Menschen angewiesen. Das ist wahnsinnig praktisch, denn wer kennt es nicht – beim Aufsuchen von Futter ist man leider selten schneller als der Vierbeiner.
Abwenden auf Signal
Neben dem Anzeigeverhalten ist es sinnvoll beim Giftköder-Training ein Signal zu trainieren, das für den Hund ein sofortiges Abwenden von einem attraktiven Reiz bedeutet. Dies kann genutzt werden, wenn das Anzeigen noch nicht sicher trainiert wurde oder wenn man tatsächlich etwas (aus unserer menschlichen Sicht) Ungenießbares vor dem Hund sichtet. Mit einem „Nix da“, „Lass das“ oder auch dem klassischen „Pfui“ kann dem Hund signalisiert werden, dass er etwas liegen lassen soll und es sich lohnt, sich von dem Objekt abzuwenden, denn dann wartet beim Menschen eine Belohnung. Da die größte Belohnung für den Hund in diesen Moment meistens die Freigabe des zunächst verbotenen Fundstückes ist, ist es sinnvoll dieses Signal in vielen gestellten Situationen zu üben, in denen man den Hund nach erfolgreichem Abwenden von der „Beute“ mit einem Signal zum ausgelegten Futter schickt und ihn somit belohnt.
Tauschen
Viele Hunde haben in der Anwesenheit von Ressourcen Stress, da sie befürchten, dass ihnen etwas weggenommen wird. Wenn es sich bei der Ressource um einen Giftköder oder etwas Unerwünschtes handelt, ist das aus Sicht der Halterin oder des Halters natürlich auch die logische und richtige Konsequenz. Darum ist es wichtig, dass die Abgabe einer Ressource mit dem Hund mit ungefährlichen Objekten trainiert wird und ihm Gegenstände nicht einfach und ohne Ankündigung weggenommen werden. Der früher weit verbreitete Tipp, einem Hund regelmäßig den Futternapf wegzunehmen, um zu demonstrieren, dass man dazu jeder Zeit in der Lage ist, ist leider kontraproduktiv. Der Hund lernt dadurch, dass der Mensch immer eine potentielle Gefahr für seine Ressource, in diesem Fall der Futternapf, ist. Er wird bei Annäherung seines Menschen schneller fressen und möglichst viel versuchen zu verschlingen, bevor es zur Abnahme kommt. Das ist bei einem potentiellen Giftköder höchstgefährlich, denn Hunde, die auf diese Weise trainiert wurden, schlucken auch einen Giftköder möglichst schnell ab. Hunde die die Ressourcenabgabe als Tauschspiel gelernt haben, bei dem sie zwar Futter loslassen bzw. abgeben, aber immer im Gegenzug etwas noch Besseres erhalten, werden auf das Signal „Tausch“ oder „Lass los“ freudig die gefundene Frikadelle ausspucken. Natürlich kann in der Ernstsituation nicht immer gegen etwas Hochwertigeres getauscht werden und im Zweifel nur mit Trockenfutter oder gewöhnlichen Leckerlies belohnt werden. Das ist jedoch kein Problem, wenn das Tauschen von Ressourcen im Trainingskontext mit aufregenden Futterbelohnungen immer wieder aufgefrischt wird. Generell hat sich die 80/20 Regel bewährt. Wenn 80 % der Tauschgeschäfte mit dem Hund im Trainingskontext passieren und sich für den Hund lohnen, kann der Hund in 20 % der Fälle auch Essbares abgeben, ohne dass es sich um ein lohnenswertes Tauschgeschäft handelt.
Was tun, wenn der Hund alles frisst?
Die Aufnahme von potentiell Essbarem ist hündisches Normalverhalten und erstmal nicht bedenklich. Wenn der Hund jedoch völlig wahllos auch unverdauliche Dinge wie Steine, Erde, Plastik u. ä. frisst, spricht man vom Pica-Syndrom. Dies kann medizinische und verhaltensmedizinische Ursachen haben und sollte von einer Tierärztin oder einem Tierarzt untersucht werden. Manche Hunde, die unter dem Pica-Syndrom leiden, haben massive Magen-Darm-Probleme, andere leiden unter einer neurologischen Erkrankung. Auch starker Stress kann das Pica-Syndrom auslösen. Neben der Etablierung von Managementmaßnahmen und einem gezielten Giftköder-Training ist es wichtig, bei betroffenen Hunden die Ursache für diese Verhaltensstörung zu finden und zu behandeln.
Giftköder gefressen – Was tun?
Das beste Training und die größte Vorsicht reichen manchmal nicht aus, um das Schlimmste zu verhindern. Wenn der Hund etwas Kritisches (Giftköder, Fremdkörper, Tabletten, etc.) aufgenommen hat, sollten Sie nicht zögern und schnellstmöglich eine Tierarztpraxis aufsuchen. Weitere Tipps rundum das korrekte Verhalten im Ernstfall können Sie hier finden: Rund um den Giftköder.
Fazit
Giftköder-Training ist eine wichtige präventive Maßnahme, um Hunde vor einer Vergiftung zu schützen. Die Trainingsbausteine helfen nicht nur, die Aufnahme von Gift, sondern auch von Müll, Kot, Essensresten und anderem Unrat zu vermeiden. Wer keine Kapazitäten für dieses umfangreiche Training hat, sollte sich mit dem Management zur Vermeidung der Giftaufnahme durch den Einsatz eines Maulkorbes, gezielte Streckenwahl und App-Warnungen vertraut machen.