Erziehung von Katzen?

Einfach und wirkungsvolle Tipps für das gemeinsame Leben mit Stubentiger

Rote Katze ist oben auf einem Schrank. © Simone_ph/Pixabay
Katzenerziehung ist nicht immer leicht. Doch es gibt zwei Hauptstrategien, die Ihnen helfen, das Verhalten Ihrer Katze zu verstehen.

Wasserpistole und Sprühflasche gehören zu den gängigen Erziehungsmitteln von Katzenhaltern. Was ist zu halten von der Empfehlung, eine Katze bei Fehlverhalten mit einem Wasserstoß zu strafen? Katzenverhaltensberaterin Christine Hauschild nimmt diese „Therapiemaßnahme“ einmal unter die Lupe.

Ein Großteil der Katzenhalter lässt sich in zwei Fraktionen aufteilen. Die einen sind der Überzeugung, dass sie keine Chance haben, ihre Katze zu erziehen und ihr den eigenen Willen „aufzuzwingen“. Diese Halter sind häufig sehr tolerant gegenüber verschiedensten Verhaltensweisen ihrer Katzen. Manchmal drücken sie auch notgedrungen ein Auge zu, weil sie einfach nicht wissen, wie sie ihre Katze von einem bestimmten Verhalten abbringen könnten. Die andere Fraktion gibt nicht so schnell auf, sondern versucht ihren Katzen immer wieder klarzumachen, dass einige Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Anknabbern von Pflanzen, das Sitzen auf dem Esstisch oder das Urinieren auf dem Teppich nicht erwünscht sind. Um den Katzen die jeweilige Botschaft zu überbringen, wird gerne laut „Nein“ gesagt oder geschrien oder in die Hände geklatscht. Kommt man damit nicht weiter und fragt um Rat, so hört man schnell und von vielen Seiten den Rat, die Katze mit Wasser zu besprühen und so ihr Fehlverhalten zu bestrafen. Manchmal wird angemerkt, dass diese Strafe, besonders bei Einsatz einer Wasserpistole, anonym sei und von der Katze nicht mit dem Menschen in Verbindung gebracht wird.


Ist das wirklich eine gute Idee? Lassen Sie uns einmal genauer hinschauen, was in diesen „Erziehungssituationen“ auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet.

Zunächst: Strafen mit Wassereinsatz, sei es ein Sprühstoß aus einer Wasserpistole oder einer Sprühflasche, sind nicht anonym – es sei denn, Sie kippen einer unter Ihrem Balkon sitzenden Katze Wasser auf den Kopf und verstecken sich dann sofort. Wenn Sie Ihre eigene Katze mit Wasser bespritzen, dann wird Ihre Katze immer bemerken, wo das Wasser herkommt. Vielleicht nicht im ersten Moment, falls der Wasserstrahl von hinten kommt. Aber spätestens in der zweiten Anwendung wird die Katze verstehen, dass ein bestimmtes Ding in Ihrer Hand und Ihre Anwesenheit das unangenehme Nass auf ihrem Fell bewirken.

Wenn Ihre Katze Wasser tatsächlich unangenehm findet und sich durch den Sprühstoß erschreckt, dann wird sie das unschöne Gefühl und den Schrecken mit Ihnen verknüpfen. Sie selbst werden zum Ankündigungssignal für mögliches Unheil. Bei sensiblen Katzen reicht eine einzige derartige Erfahrung aus, um dauerhaft Vertrauen stark in Mitleidenschaft zu ziehen. Bei anderen ist spätestens nach einigen Wiederholungen Schluss mit lustig und sie beginnen, ihrem Menschen mit Argwohn zu begegnen.

Wenn wir eine Katze strafen, wollen wir ihr damit sagen: „Du sollst das nicht tun!“ Aber es ist alles andere als selbstverständlich, dass die Katze auch wirklich versteht, was wir ausdrücken wollen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Strafe im Moment des unerwünschten Verhaltens erfolgt – und nicht drei Sekunden nach Ende des Verhaltens (oder gar noch später). Wir Menschen sind oft nicht so wahnsinnig schnell in unseren Reaktionen und neigen zu Strafen, die viel zu spät kommen. Eine weitere große Schwierigkeit liegt darin, dass die Katze ja oft vieles gleichzeitig macht: Sie kratzt am Ledersessel, schaut dabei ihren Kumpel an und mauzt, wenn der Wasserstrahl sie trifft. Woher soll sie nun wissen, durch was genau sie die Wasserstrafe heraufbeschworen hat? Darf sie nicht mehr miauen? Möglicherweise hält sie auch den Katzenkumpel für schuldig und tritt ihm künftig nur noch mit Vorbehalten entgegen. Katzen sind meisterhaft darin, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Und diese Schlüsse stimmen häufig nicht mit unseren überein.

Selbst wenn die Katze versteht, dass sie durch ein ganz konkretes Verhalten den Wasserstrahl ausgelöst hat, zum Beispiel durch das Urinieren auf das Bett, und daraufhin entscheidet, dass sie dieses Verhalten also besser nicht wiederholen sollte, gibt es noch einen Haken: Die Katze hat keine Information von uns bekommen, wie sie sich aus unserer Sicht richtig verhält. Das kann dazu führen, dass sie wieder ihre eigenen Katzenschlüsse zieht: „Ich muss mal. Hm, auf dem Bett verrichte ich mein Geschäftchen lieber nicht mehr. Das ist gefährlich. Dann probiere ich mal das Sofa – das fühlt sich unter den Pfoten so ähnlich an.“ Und plötzlich haben wir das Problem aus Versehen sogar verschlimmert.

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass eine Katze ein aus Ihrer Sicht unerwünschtes Verhalten zeigt, weil sie selbst daran überhaupt nichts Schlimmes finden kann. Ein Tisch ist ein schöner erhöhter Platz, an einem Ledersessel lassen sich hervorragende Kratzmarkierungen hinterlassen (wie man das als Katze eben so macht), und Betten, Sofas und Teppiche sind durch ihre Aufsaugfähigkeit sehr gut geeignet, um auf ihnen zu urinieren, ohne nasse Pfötchen zu bekommen. Manchmal zeigen Katzen ein unerwünschtes Verhalten allerdings tatsächlich mit voller Absicht. Dann haben sie gelernt, dass sie uns damit zu Aktivitäten bewegen können. „Wenn ich am Ledersessel kratze, nimmt mein Mensch endlich den Blick vom Fernseher und kommt zu mir gelaufen. Yippieh – Verfolgungsjagd!“ Gerade aktive und mutige Katzen empfinden eine vermeintliche Strafe manchmal als Belohnung, wenn sie die Aufmerksamkeit ihres Halters so dringend wünschen. Dann ist Unfreundlichkeit manchmal besser als nichts.

Die Nebenwirkungen von strafendem Einsatz von Wasserpistole und Co. können also sein:

  • Ihre Katze bekommt Angst vor Ihnen.
  • Ihre Katze bekommt Angst vor anderen Dingen und Lebewesen, die im gleichen Augenblick anwesend sind.
  • Ihre Katze weiß nicht, wie sie sich „richtig“ verhalten kann.
  • Ihre Katze weitet das unerwünschte Verhalten auf andere Objekte/Räume aus.
  • Ihre Katze zeigt das unerwünschte Verhalten häufiger, um Sie endlich zu etwas gemeinsamer Aktivität zu bringen.

Wenn Sie sich das so überlegen, finden Sie den Einsatz von Wasser als Strafe doch nicht so optimal? Wie können Sie denn dann mit Verhaltensweisen Ihrer Katze umgehen, die Sie nicht schön finden?

Dafür gibt es zwei Hauptstrategien:

Zu allererst versuchen Sie bitte, das Verhalten Ihrer Katze zu ergründen. Warum tut sie das? Was steckt aus Katzensicht dahinter? Warum ist ihr das wichtig? Welche Funktion hat das Verhalten? Vermeiden Sie dabei bitte wertende Interpretationen aus menschlicher Sicht („die macht das aus Protest“, „die weiß genau, dass sie das nicht darf“). Katzen suchen zum Beispiel erhöhte Plätze auf, weil sie sich dort sicherer fühlen; weil sie von dort guten Überblick haben; weil damit ihr Lebensraum in der Wohnung größer wird; um näher an ihrem Menschen zu sein; um zu schauen, ob sie etwas Spannendes finden. Um was für eine Art von Platz (Tisch, Kratzbaum, Kommode, Catwalk) es sich handelt, ist aus Katzensicht nachrangig. Auch das Kratzen an Gegenständen ist Normalverhalten von Katzen, mit dem sie unter anderem sichtbare und geruchliche Reviermarkierungen hinterlassen, Freunde zu Aktivitäten auffordern, sich nach dem Schlafen recken oder einfach zeigen, wie unglaublich toll sie sind.

Wenn Sie die Bedürfnisse Ihrer Katze verstehen, bieten Sie ihr legale Alternativen an. Geben Sie Ihrer Katze die Möglichkeit, ihr Katzenverhalten auszuleben, ohne Ihnen dabei aus Versehen auf die Füße zu treten. Diese Alternativen sollten zumindest anfangs möglichst nah am Ort des unerwünschten Geschehens angeboten werden. Wenn Ihre Katze sich etwa für ihr Geschäftchen immer Plätze mit viel Platz und Überblick sucht, probieren Sie bitte mal eine große offene Katzentoilette anstelle eines Haubenklos und als Stellplatz dafür nicht das kleine Gästebad, sondern einen zentraleren Ort.

Und nun kommt die zweite wichtige Strategie: Richten Sie Ihren Fokus bitte auf die Momente, in denen Ihre Katze Wunschverhalten zeigt, und belohnen Sie sie dafür fürstlich: Ihre Katze nutzt das neue Kratzbrett aus Wellpappe? Super! Großes Lob und ein paar Trockenfutterbröckchen geworfen zum Hinterherjagen. Ihre Katze benutzt den neuen deckenhohen Kratzbaum als Aussichtsplattform? Vielleicht freut sie sich über ein nettes Wort, ein Leckerchen ganz oben oder eine kleine Streicheleinheit. Ihre Actionkatze macht Quatsch im neuen Spiel-Pappkarton? Perfekt! Verlassen Sie Fernseher oder Computer für einen Moment und holen Sie die Spielangel heraus. Ausnahme: Wenn Ihre Katze das Katzenklo benutzt, dann freuen Sie sich einfach still. Denn allzu große Aufmerksamkeit oder gar Futter können Ihre Katze in diesem Moment eher stören.

Kurzum, helfen Sie Ihrer Katze, sich in Ihren Augen richtig zu verhalten, indem Sie umsichtig sind und ihr vielfältige Möglichkeiten zur „legalen“ Bedürfnisbefriedigung geben. Gestalten Sie das Wunschverhalten so lohnenswert wie nur möglich – damit schaffen Sie Motivation für Ihre Katze, dieses Verhalten erneut und vielleicht sogar häufiger zu zeigen. Sie werden merken, das macht Ihnen beiden mehr Spaß!

Text: © Christine Hauschild
Mobile Katzenschule Happy Miez
 
Homepage der Autorin:
www.mobile-katzenschule.de

Buchtipp zu Katzenbedürfnissen und Katzenerziehung:
Christine Hauschild: Katzenhaltung mit Köpfchen – für ein rundum schönes Katzenleben
BoD 2012, ISBN 978-3-8448-1192-6, 16,90 Euro

 

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