Die Jahre vergehen und aus jungen Hüpfern werden Senioren. Auch bei Meerschweinchen und Kaninchen schleichen sich mit den Jahren immer mehr Altersbeschwerden ein. Um welche Beschwerden es sich dabei handelt und wie Sie Ihr Tier optimal beim Altwerden unterstützen können, erfahren Sie in diesem Artikel.
Wie alt werden Kaninchen und Meerschweinchen?
In der Heimtierhaltung können Kaninchen 8 bis 10 Jahre alt werden, manche Tiere werden sogar über 14 Jahre und älter, das sind jedoch eher die Ausnahmen. Meerschweinchen werden durchschnittlich 6 bis 8 Jahre alt, in Einzelfällen sogar bis über 10 Jahre. Acht Meerschweinchen-Jahre entsprechen ungefähr einem menschlichen Lebensalter von 90 Jahren.
Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel. Wie alt die kleinen Mitbewohner letztendlich werden, hängt, wie bei allen Haustieren, von der genetischen Veranlagung, artgerechter Haltung und Pflege und der Ernährung ab. Stressfaktoren, wie eine unpassende Gruppenkonstellation oder Einzelhaltung, Schmerzen und nicht-artgerechtes Handling können sich negativ auf die Lebenserwartung auswirken.
Das älteste Meerschweinchen der Welt schaffte es mit einem Alter von 14 Jahren und 10 Monaten ins Guinness Buch der Rekorde.
Veränderungen im Alter erkennen
Halter und Halterinnen sollten das Allgemeinbefinden ihrer Tiere täglich gut beobachten und bei Anzeichen einer Krankheit und veränderten Verhaltensweisen sofort die betreuende Tierarztpraxis aufsuchen. Speziell kleine Heimtiere sind anfällig für eine Vielzahl von Krankheiten, sie verbergen diese aber oftmals sehr lange. Das ist evolutionär gesehen auch sinnvoll, denn kranke Fluchttiere sind leichte Beute für Fressfeinde. Während in der Wildnis die Taktik „Keine Schwäche zeigen“ überlebenswichtig ist, wird sie unseren als Heimtiere gehaltenen Kaninchen und Meerschweinchen schnell zum Verhängnis. Wenn wir Menschen Veränderungen an unseren Tieren wahrnehmen, sind oft schon Krankheitsprozesse im Gange und ein Abwarten kann lebensgefährlich für die kleinen Heimtiere werden. Um nichts zu übersehen, ist es sinnvoll, eine Beobachtungsroutine zu etablieren. Dies ist auch schon bei jungen Tieren sinnvoll, gewinnt mit steigendem Alter jedoch zunehmend an Bedeutung. Wer sich im besten Fall zweimal täglich für 10 bis 15 Minuten in Ruhe vor das Gehege setzt und die Tiere in ihrem Fress-, Sozial-, Ausscheidungs- und Ruheverhalten beobachtet, hat gute Chancen, schon frühzeitig Unstimmigkeiten zu entdecken. Welche Symptome erste Hinweise auf Krankheitsprozesse geben können, finden Sie hier: 4 Warnsignale.
Veränderungen, die bei Kaninchen und Meerschweinchen im Alter auftreten können
Verminderter Bewegungsdrang
Kaninchen und Meerschweinchen werden mit dem Alter ruhiger. Um Übergewicht zu vermeiden, sollte auf eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung mit Gräsern, Blattgemüse und Heu geachtet werden. Trockenfutter ist für unsere kleinen Heimtiere ungeeignet und kann zu Verdauungsproblemen, Zahnerkrankungen und Übergewicht führen. Mehr zur artgerechten Ernährung von Kaninchen finden Sie in folgendem Artikel: Kaninchenernährung ohne Kompromisse
Vernachlässigung der Fellpflege
Alte Kaninchen und Meerschweinchen putzen sich teilweise weniger gründlich. Tierhalter und Tierhalterinnen von Kaninchen und Langhaar-Meerschweinchen können nachhelfen und abgestorbene Haare herauskämmen. Insbesondere auch die Analregion sollte regelmäßig kontrolliert und sauber gehalten werden, da sie ein beliebter Einnistungsort für Fliegenmaden ist. Die Tiere sollten an das Handling durch den Menschen gewöhnt sein und dabei keinen übermäßigen Stress empfinden. Halten Sie die Pflegeeinheiten kurz, im besten Fall kann das Tier auf dem Boden mit etwas Lieblingsfutter abgelenkt und dabei kurz und gezielt gebürstet werden. Da diese Maßnahmen dennoch fast immer mit Stress verbunden sind, sollten Sie nur bei bedürftigen Kaninchen und Meerschweinchen durchgeführt werden. Bei Tieren, die sich noch ausreichend selber putzen und Kurzhaar-Meerschweinchen reicht eine regelmäßige Kontrolle, da diese Tiere nicht vom Bürsten profitieren – im Gegenteil: Es kann die Haut unnötig reizen.
Sowohl ein verminderter Bewegungsdrang als auch die vernachlässigte Fellpflege können Anzeichen für Schmerzen sein. Bei fortschreitender Arthrose werden Bewegungen zunehmend schmerzhaft, wodurch sich die Kaninchen und Meerschweinchen weniger bewegen und bestimmte Putzbewegungen gemieden werden. Eine tierärztliche Abklärung und ggfs. eine passende Schmerztherapie sind in diesen Fällen immer der zu empfehlende erste Schritt.
Gewichtsschwankungen
Jede Gewichtsschwankung, egal ob nach oben oder unten, ist ein Anzeichen für eine Unstimmigkeit und sollte tierärztlich abgeklärt werden. Die Abnahme von Gewicht ist keine Alterserscheinung, sondern häufig eine Folge von gesundheitlichen Problemen, die vermehrt im Alter auftreten.
Abnahme der Sinneswahrnehmungen
Im Alter nimmt häufig die Sehkraft ab und auch der Geruchs- und Geschmackssinn können nachlassen. In der Regel kompensieren die Tiere dies gut, insbesondere wenn keine großen Veränderungen in ihrem Gehege vorgenommen werden.
Weitere Tipps für kleine Senioren
Gewohnheiten bei alten Kaninchen und Meerschweinchen
Gewohnheiten sind für alte Kaninchen und Meerschweinchen besonders wichtig, denn auf Veränderungen können sie mit Stress reagieren, der sich negativ auf das Herz-Kreislauf- und Immunsystem auswirkt. Halten Sie Fütterungsroutinen ein und wägen Sie bei Änderungen an der Haltung immer Vor- und Nachteile ab.
Vergesellschaftungen von alten Kaninchen und Meerschweinchen
Auch Vergesellschaftungen von alten Kaninchen und Meerschweinchen mit ihren jeweiligen Artgenossen müssen besonders umsichtig geschehen, um den Stresspegel möglichst gering zu halten. Alter ist jedoch niemals ein Grund für eine Einzelhaltung. Auch alte Tiere, deren Partnertiere verstorben sind, können noch eine gute Beziehung zu einem neuen Partner, gerne auch einem Senior, aufbauen. Mehr Hinweise rundum die Vergesellschaftung finden Sie hier: Vergesellschaftung von Kaninchen.
Zugang zu Futter und Wasser erleichtern
Falls nötig, sollte der Zugang zu Futter und Wasser erleichtert werden, so dass auch Kaninchen und Meerschweinchen mit Problemen im Bewegungsapparat jederzeit schmerzfrei Nahrung aufnehmen können. Zusätzliche Rampen, die mit Teppichresten beklebt werden, erleichtern den gefahrenlose Zugang von erhöhten Liegeplätzen und Plattformen, die im jungen Alter noch problemlos ohne Hilfestellung aufgesucht werden konnten.
Thermische Zonen einrichten
Die Thermoregulation von Kaninchen und Meerschweinchen gelangt insbesondere bei Hitze schnell an ihre Grenzen. Deswegen müssen in Gehegen immer verschiedene thermische Zonen eingerichtet werden, die den Tieren kühle Rückzugsmöglichkeiten im Schatten, auf kalten Fliesen und im feuchten Sand ermöglichen. Gegen Kälte schützen gut isolierte und dick eingestreute Häuschen. Diese Maßnahmen sind Voraussetzung für jedes Gehege, in dem kleine Heimtiere gehalten werden. Bei alten Tieren sollte jedoch ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des Geheges gelegt werden, da die Thermoregulation im Alter nachlässt. Zusätzliche Rückzugsmöglichkeiten, Kühlinseln und bequeme, gut zugängliche Schattenplätze können die vierbeinigen Senioren an warmen Tagen unterstützen.
Weiche Lieblingsplätze
Alte Tiere mögen es oft besonders weich, gerade wenn der Bewegungsapparat die ersten Baustellen aufweist. Extra viel Einstreu und Stroh machen es den Senioren besonders gemütlich. Viele Tiere mögen auch Teppiche als Unterlage auf ihren Lieblingsliegeplätzen oder bevorzugen weiche Kuschelhöhlen.
Der Gesundheits-Check für Kaninchen und Meerschweinchen
Kaninchen und Meerschweinchen sollten generell mindestens einmal jährlich (besser zweimal jährlich) tierärztlich vorgestellt werden. Spätestens bei alten Tieren (Kaninchen ab ca. 5 Jahren, Meerschweinchen ab ca. 4 Jahren) sollte der Rhythmus auf zweimal jährlich verkürzt werden, um Krankheiten möglichst früh zu erkennen. Neben einer ausführlichen allgemeinen Untersuchung, schauen sich Tierarzt oder Tierärztin besonders die Zähne, Haut und Fell, Augen und Ohren an und tasten die Organe im Bauchraum durch. Auch kann eine Blut- und Urinuntersuchung durchgeführt werden, um erste Krankheitsanzeichen möglichst früh zu erkennen.
Neben der tierärztlichen Untersuchung ist es wichtig, die Tiere zu Hause täglich zu beobachten und einmal wöchentlich einen Gesundheits-Check durchzuführen. Dabei werden Augen, Nase, Kauverhalten, Haut & Fell, Pfoten & Krallen und die Analregion unter die Lupe genommen. Wenn dabei nichts auffällig ist, müssen die Tiere hierfür noch nicht mal hochgenommen werden. Je weniger die Tiere angefasst und hochgehoben werden, desto weniger Stress erfahren sie. Wird das Tier auf eine Glasplatte gelockt, können sich Tierhalter:innen sogar die Analregion und die Krallen angucken.. Zur Gewichtskontrolle können die Tiere mit einer Futterbelohnung auf eine Babywaage gelockt werden. Wenn Augen- oder Nasenausfluss, veränderter Kot oder Fellverklebungen, Schuppen und Hautveränderungen, Gewichtsschwankungen oder andere Auffälligkeiten beobachtet werden, ist dies immer ein Grund für einen Besuch in der Tierarztpraxis.
Einmal im Monat sollte der häusliche Check-Up ausführlicher stattfinden und die Tiere dafür auch angefasst werden. Dabei wird den Tieren in die Ohren geguckt, Kiefer und Maulbereich abgetastet und die Analregion gründlich auf Verklebungen und Kotreste untersucht. Bei chronisch kranken und sehr alten Tieren kann es sinnvoll sein, diese ausführliche Untersuchung wöchentlich durchzuführen. Lassen Sie sich bei Unsicherheiten von Ihrer Tierärztin oder Ihrem Tierarzt beraten. Diese zeigen Ihnen auch gerne, wie Sie Ihr Tier am besten halten und auf was Sie bei der Untersuchung achten müssen.
Fazit
Kaninchen und Meerschweinchen können gesund und glücklich alt werden, wenn sie artgerecht ernährt und gehalten werden. Dabei sollten Sie ihre Gesundheit gut im Blick behalten und bereits kleinste Veränderungen ernst nehmen. Stressvermeidung hat bei alten Tieren oberste Priorität, ist jedoch kein Grund für eine Einzelhaltung, denn glücklich sind auch alte Kaninchen und Meerschweinchen nur mit mindestens einem passenden Partnertier. „Gemeinsam ist besser als einsam“ gilt auch für unsere Heimtier-Senioren!