Ein Milliardengeschäft auf Kosten der Tiere

Unwürdige Bedingungen beim illegalen Welpenhandel

Ein Zeitungsartikel über den illegalen Welpenhandel. © TASSO e.V.
Die Zucht und der Handel mit Heimtieren sind in der EU ein bedeutender Wirtschaftszweig.

In Europa blüht der illegale Handel mit Hunden und Katzen – organisiert, grenzüberschreitend und systematisch. Ein Bericht der EU-Kommission aus 2023 deckt das erschreckende Ausmaß auf und zeigt zugleich, wie schwer es ist, diesem kriminellen Treiben Einhalt zu gebieten.

Ein Milliardenmarkt mit legalem und illegalem Gesicht

Die Zucht und der Handel mit Heimtieren sind in der EU ein bedeutender Wirtschaftszweig. Der legale Markt für Hunde und Katzen hat ein geschätztes Volumen von über 1,3 Milliarden Euro jährlich. Doch parallel dazu floriert ein illegaler unregulierter Tierhandel, der nicht nur massive Schäden für seriöse Züchter:innen verursacht, sondern vor allem das Tierwohl gefährdet und damit letztlich auch die Verbraucher:innen schädigt.

Denn was als harmloser Welpenkauf erscheint, ist oft der Endpunkt einer undurchsichtigen Lieferkette mit unwürdigen Bedingungen für die Tiere. Fehlende Impfungen, gefälschte Dokumente, überlange Transporte und mangelhafte Haltung stehen exemplarisch für das systematische Tierleid und die massiven Verstöße gegen Tierschutz-, Gesundheits- und Verbraucherschutzvorgaben, die dieser illegale Handel verursacht.


Wie viele Tiere sind betroffen?

Genaue Zahlen zu illegal gehandelten Tieren zu nennen, ist schwierig. Das liegt in der Natur des undurchsichtigen Geschäfts. Klar ist jedoch: Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Auf Basis von Daten aus dem EU-weiten Frühwarnsystem iRASFF, das ursprünglich zur Meldung von Verstößen gegen EU-Vorschriften im Agrar- und Lebensmittelsektor eingerichtet wurde und seit 2019 auch Verstöße im Bereich Tiergesundheit und -wohl dokumentiert, sowie auf Grundlage von Analysen von Tierschutzorganisationen lassen sich zentrale Erkenntnisse zum illegalen Welpenhandel in Europa ableiten.Daraus ergibt sich eine geschätzte Größenordnung von 46.000 bis 100.000 illegal gehandelten Welpen pro Jahr. Das ist eine konservative Annahme, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Diese Tiere stammen häufig aus osteuropäischen Ländern, werden unter tierschutzwidrigen Bedingungen aufgezogen und anschließend mit gefälschten Papieren in westliche Länder gebracht. Deutschland gilt dabei als einer der Hauptabnahmemärkte von Tieren aus dem illegalen Handel.


Erkenntnisse aus den EU-weiten Ermittlungen

Im Zeitraum von Juli 2022 bis Juli 2023 wurde unter der Koordination der EU-Kommission eine länderübergreifende Kontrollaktion durchgeführt. Beteiligt waren Behörden aus 18 EU- und EFTA-Staaten. Die Ergebnisse sind alarmierend:

  • 467 Betrugsfälle im iRASFF-System
  • 330.000 Onlineanzeigen analysiert
  • 47 eingeleitete Strafverfahren (davon 19 in Deutschland)
  • mehr als 20 identifizierte Netzwerke, die grenzüberschreitend operieren

Die größte Lücke im Kontrollsystem für den illegalen Welpenhandel bleibt die Umgehung von offiziellen Kontrollen durch deklarierte „Privattransporte“: Tiere werden als nicht-kommerzielle Mitreisende deklariert, obwohl sie in Wahrheit Teil eines gewerblichen Handels sind. Bis zu fünf Tiere dürfen laut EU-Recht als private Begleiter reisen. Das ist ein rechtliches Schlupfloch, das massenhaft missbraucht wird.

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Aktuelle Herausforderungen in der EU


Zentrale Betrugsmuster beim illegalen Welpenhandel

Die Untersuchung deckt verschiedene typische Vorgehensweisen auf, die regelmäßig wiederkehren. Dazu gehören:

  • Gefälschte Heimtierausweise und Gesundheitszertifikate
  • Falsche Deklaration kommerzieller Transporte als private Reisen
  • Tarnung illegaler Zuchten als Tierschutzorganisationen
  • Vertrieb über Onlineplattformen ohne Identitätsprüfung

Die Transporte erfolgen über etablierte Routen, z. B. aus Rumänien, Ungarn und Polen nach Deutschland oder aus Russland und Belarus über das Baltikum. Auch die Türkei, Serbien und die Ukraine spielen eine Rolle auf dem Weg der Welpen.


Illegaler Welpenhandel bedeutet Tierleid inklusive

Für die betroffenen Tiere heißt der illegale Handel fast immer: Leid, Krankheit und Stress. Die Welpen sind oft zu jung, um sicher transportiert zu werden. Sie wurden nicht ausreichend geimpft, was ein massives Risiko für die Verbreitung von Krankheiten wie Tollwut oder Parvovirose darstellt. Viele dieser Tiere zeigen auch Verhaltensauffälligkeiten – was ein Hinweis auf mangelnde Sozialisation, Isolation und Misshandlung in den frühen Lebenswochen sein kann.

Onlinehandel als Katalysator

Ein zentrales Problem bleibt der weitgehend unregulierte Onlineverkauf von Tieren. Kleinanzeigenportale oder Social-Media-Gruppen ermöglichen es, mit wenigen Klicks Tiere zu inserieren, ganz ohne verlässliche Identitätsprüfung des Verkäufers oder ohne Nachweis über Herkunft oder Gesundheitsstatus des Tieres. Käufer:innen haben kaum Möglichkeiten, die Angaben zu überprüfen. Auch Mikrochip-Nummern und angebliche Registrierungen können gefälscht oder gestohlen sein.


Bisherige Sanktionen sind zu schwach, um Welpenhändler abzuschrecken

Ein zentrales Hindernis im Kampf gegen den illegalen Heimtierhandel sind unzureichende Strafen. Hier einige Beispiele aus EU-Ländern:

  • Durchschnittliche Bußgelder: 100 - 300 € pro Hund
  • Bulgarien: max. 2.000 € bei Wiederholungstat
  • Griechenland: 600.000 € Strafe, ohne Betriebsstilllegung

Viele Behörden berichten, dass wirtschaftliche Vorteile den Strafrahmen übersteigen. Kurz: Das aktuelle System lohnt sich für Kriminelle.


Was muss jetzt passieren?

Die EU-Kommission schlägt eine Reihe von strukturellen Maßnahmen vor, um das Problem wirksam anzugehen:

  • EU-weite Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen, die in der EU abgegeben werden
  • Interoperable Heimtierdatenbanken zur Registrierung
  • Bessere Kontrollmöglichkeiten im Bereich des Onlinehandels
  • Deutlich höhere Strafen mit abschreckender Wirkung
  • Verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der zuständigen Behörden
  • Aufklärungskampagnen für Verbraucher:innen

TASSO fordert konsequentes Handeln: Illegalen Welpenhandel stoppen – jetzt

TASSO schließt sich diesen Vorschlägen ausdrücklich an. Die geplanten Maßnahmen sind längst überfällig und ein wichtiger Hebel, um kriminellen Strukturen die Geschäftsgrundlage zu entziehen.

Darüber hinaus ist es für TASSO unerlässlich, dass auch auf nationaler Ebene politische Konsequenzen gezogen werden. In Deutschland braucht es dringend eine bundesweit einheitliche Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen, solange die EU-weiten Regelungen noch nicht rechtsverbindlich umgesetzt sind. Denn selbst bei einem entsprechenden EU-Beschluss bleibt die Ausgestaltung – etwa welche Datenbanken genutzt werden, wie kontrolliert und sanktioniert wird – in wesentlichen Teilen nationale Aufgabe. TASSO fordert daher, bestehende Vollzugs- und Kontrolllücken bereits jetzt durch eine klare gesetzliche Regelung in Deutschland zu schließen und appelliert an die zukünftige Bundesregierung die entsprechenden Schritte einzuleiten.

Mehr zu den Kernforderungen von TASSO


Konsequenzen und Ausblick

Der illegale Welpenhandel ist kein Randphänomen, sondern ein strukturelles, grenzüberschreitendes Problem mit dramatischen Folgen für Tiere, Menschen und den Binnenmarkt. Solange sich das System finanziell lohnt, werden betrügerische Netzwerke weiter Tiere ausbeuten und Verbraucher:innen täuschen. Es ist Zeit für eine konsequente und koordinierte europäische Antwort – und für einen informierten, kritischen Blick beim nächsten Klick auf ein Welpenfoto im Netz.


© TASSO e.V

Folgen des Welpenhandels

Schlechte Startbedingungen

Der illegale Welpenhandel hat schwerwiegende Folgen für die betroffenen Hunde und ihre Menschen. Neben gesundheitlichen Problemen leiden viele dieser Hunde unter erheblichen Verhaltensstörungen, die auf ihre schlechten Startbedingungen zurückzuführen sind. 

© TASSO e.V

Gesundheitsrisiken

Ein Überblick

Unter den Folgen des illegalen Welpenhandels leiden sowohl die Tiere als auch ihre neuen Familien oftmals massiv. Die jungen Hunde und Katzen, die aus solchen Bedingungen stammen, leiden oft unter Krankheiten und die stressreiche Trennung von der Mutter in einem zu frühen Alter verursacht werden.

Pixabay

Herausforderungen

Illegaler Welpenhandel in der EU

Die bisherige rechtliche Lage in der EU hat es Welpenhändlern ermöglicht, relativ unbehelligt zu bleiben. Hauptprobleme sind die Nutzung von Schlupflöchern in den nationalen und internationalen Gesetzen und die mangelnde Koordination zwischen den Mitgliedstaaten. 

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